Natürlich sprechen die Leute in Leipzig zum Teil großen Teil sächsisch. Schließlich ist Leipzig eine Stadt in Sachsen und wer hier geboren und aufgewachsen ist, hat den Dialekt sozusagen mit der Muttermilch aufgenommen. Aber auf der anderen Seite gibt es eben auch viele “Zugereiste”, die Neu-Leipziger, die sich gar nicht oder nur sehr wenig an die “säggssche” Mundart gewöhnt haben. Die letzte offizielle Statistik aus dem Jahr 2014 hatte das Ergebnis, dass nur noch knapp zwei Drittel aller Leipziger und der Bewohner des nahen Umlandes der Stadt eingeborene Sachsen waren. Wie in fast allen anderen deutschen Großstädten auch, ziehen aus dem In-und auch Ausland vermehrt Menschen nach Leipzig um hier zu arbeiten, zu studieren und zu leben.
Im Fall von Leipzig gibt es darüber hinaus noch eine weitere Besonderheit zu bedenken. Schon im Mittelalter war die Stadt ein wichtiges Handelszentrum und später wurde sie zur internationalen Messestadt. Die Leipziger sind also ein Völkchen, das immer Umgang mit den Fremden hatte, sie gut untergebracht und gastfreundlich versorgt hat, sogar während der Zeit der Isolation Ostdeutschlands durch die DDR-Führung. Selbst da durchwehte ein Hauch von Weltstadt-Feeling (zumindest im Frühjahr und Herbst zur Zeit der Messen) die Stadt. Die Leipziger mussten mit ihren Gästen kommunizieren können und das hat auch mit dazu geführt, dass sie sich im allgemeinen nicht ganz so ausgeprägt ihres Dialektes bedienen, wie die Sachsen anderer Regionen.
Betrachtet man das Sächsische genauer, dann wird klar, dass es eigentlich fünf verschiedene und zum Teil recht unterschiedliche sächsische Dialekte gibt: das erzgebirgische Sächsisch, das Lausitzer Sächsisch, das vogtländische Sächsisch, das meißnische Sächsisch und das osterländische Sächsisch. Letzteres wird in und um Leipzig, aber auch in einigen Teilen des heutigen Thüringens und Teilen Sachsen- Anhalts gesprochen. Meißnisch-osterländisches Sächsisch, auch als Thüringisch -Obersächsisch bezeichnet, war im Mittelalter eine der wichtigsten Verkehrssprachen Mitteldeutschlands und eine Sprache, die fast im gesamten heiligen Römischen Reich verstanden und geschrieben wurde. Selbst die deutsche Bibelübersetzung Luthers erfolgte eigentlich ins Obersächsische. So gesehen könnte Sächsisch als Mutter der modernen deutschen Schriftsprache betrachtet werden. Und noch etwas ist bemerkenswert. Einst ging der Dichterfürst Goethe zum Studium ausgerechnet nach Leipzig, weil nach Meinung seiner Eltern hier das beste Hochdeutsch gesprochen würde.
So können sich die Zeiten ändern.
Natürlich haben sich in der Neuzeit die Grenzen der sächsischen Mundarten etwas verwischt und sind nicht mehr genau voneinander abzugrenzen. Außerdem mischt sich Sächsisch, Hochdeutsch und manchmal auch Englisch gerade bei jüngeren Leuten immer mehr. Trotzdem wird jeder Sachse schon nach ein paar Sätzen erkennen können, ob sein Gesprächspartner aus Dresden, aus Aue oder Hoyerswerda kommt oder ob er Leipziger ist.
Als Hochsprache gilt Sächsisch schon lange nicht mehr. Im Gegenteil ist der Dialekt so unbeliebt wie kaum ein anderer in Deutschland. Das hat er aber nicht verdient, denn Sächsisch und ganz besonders das Sächsisch der Leipziger Region ist auch von Nicht-Sachsen gut zu verstehen und lange nicht so schwer, wie andere Dialekte. Es gibt auch nicht besonders viele lokale Begriffe, die es im Standartdeutschen nicht gibt und die deshalb ein Mensch der Deutsch gelernt hat, nicht verstehen könnte. Beim Sächsisch (und besonders beim Leipziger Sächsisch) ist es eher die Sprachmelodie, die Art bestimmte Buchstaben auszusprechen, die den Dialekt ausmachen. Sächsisch klingt weich und verwaschen, es plätschert sozusagen aus dem Mund. Außerdem ist es dadurch geprägt, dass zwischen P und B, zwischen T und D , K und G, zwischen Ch und Sch oft kein sprachlicher Unterschied gemacht wird, so das zum Beispiel Dich und Tisch ebenso gleich klingen wie Bass und Pass oder Grad und Krad. Oft werden in Spielfilmen, in Sitcoms oder Comedys die Sachsen “durch den Kakao gezogen” und ihre Sprechweise nachgeahmt. Aber kaum einmal klingt das, was da geboten wird, tatsächlich sächsisch.